Biofilm in Trinkwasseranlagen - Entstehung, Zusammensetzung und Strategien zur Vorbeugung sowie zur Entfernung
Ons Michel1
Zusammenfassung Legionellen stellen durchweg ein großes, noch ungelöstes Gesundheitsrisiko dar. Sie kommen dabei nicht nur als freilebende Bakterien vor, sondern leben häufig als Bestandteil eines Biofilms. Die Adhäsion von Mikroorganismen, bestimmte Bakterien und Pilze, und die anschließende Bildung von Biofilmen verursachen multiresistente Infektionen bei Menschen, speziell im Bereich von Trinkwasseranlagen und Warmwassersystemen. Aus diesem Grund ist ein besseres Verständnis der Entstehung und Zusammensetzung von Biofilmen entscheidend, um Maßnahmen zur Vorbeugung gegen die Bildung und ebenso Strategien zur Entfer-nung von Biofilmen, entwickeln zu können. Die Bekämpfung von Legionellen und Biofilmen stellt eine Herausforderung dar. Vorbeugende und überwachende Maßnahmen sind regelmäßige Kontrollen, an anderen Maßnahmen wird noch geforscht und lassen sich zum Teil nicht umsetzen. Dieser Artikel widmet sich der besonderen Biofilm-Problematik in Wasseranlagen und dem Zusammenhang zwischen Biofilmen und der darin befindlichen Legionellen-Menge. Denn mit steigender Biomasse resultiert eine höhere Legionellen-Konzentration, das konnten Studien zeigen. Mehrere Faktoren können dabei die Biofilmentwicklung und auch das Legionellen-Wachstum zusätzlich fördern. Die chemischen und physikalischen Eigenschaften von Material-Oberflächen, die Temperatur und die Geografie der Rohrleitungen spielen dabei eine wichtige Rolle.
Im Folgenden wird der aktuelle Stand der Forschung in einer Übersicht zusammengefasst und dargestellt.
Einführung Legionellen gehören zu den gramnegativen aeroben Umweltbakterien, die weltweit in Süßwasserumgebungen zu finden sind.1 Legionellen vermehren sich vor allem in heißen Leitungswassersystemen. Diese bilden bei Benutzung leicht Aerosole und stellen eine potentielle Gesundheitsgefahr für die Benutzer dar.2,3 Temperaturen zwischen circa 25 und 45 °C, Stagnation und die Bildung von Biofilmen und Sedimenten (Mineralablagerungen und Detritus) im Leitungssystem sind optimal für die Vermehrung von Legionellen.4 Sie können allerdings auch bei niedrigeren und höheren Temperaturen überleben. Daher ist die vollständige Entfernung aus Warmwassersystemen nur schwer erreichbar.5 Für die Legionellen-Proliferation in Trinkwasser- und Warmwasseranlagen dienen bestimmte Protozoen als Wirt.6,7 In Studien konnte gezeigt werden, dass die Legionellen-Konzentration, speziell von Legionella pneumophila, mit der Konzentration von Protozoen, welche in aquatischen Biofilmen leben, beziehungsweise mit einer erhöhten Biomassekonzentration positiv korreliert und von dieser höchstwahrscheinlich abhängt.6,8 Bislang gibt es nur relativ wenige quantitativen Daten über Biomasse und Legionellen-Zahlen in natürlicher und anthropogener Umgebungen, da deren Bestimmung inklusive Unterscheidung zwischen gebundener und suspendierter Biomasse, in vielen Fällen nicht einfach vergleichbar ist.7 Im Folgenden soll auf die verschiedenen Aspekte der Biofilmzusammensetzung und Entstehung eingegangen werden, um eine Übersicht der aktuellen Informationen und Studien zu schaffen. Ein weiterer wichtiger Teil sind Kriterien, die die Biofilmbildung begünstigen und hemmen können, da auch bestimmte Materialien einen Einfluss auf die Vermehrungsbedingungen haben können.7 Abschließend werden Strategien, Methoden und Maßnahmen zur Vorbeugung der Bildung und Hemmung des Wachstums sowie die Entfernung von Biofilmen vorgestellt.
Biofilm Zusammensetzung Im Allgemeinen fallen unter Begriff „Biofilm“ mikrobielle Aggregate, wie Schleim, die aus einer größeren Ansammlung von Biomasse bestehen, in denen Mikroorganismen in einer selbstgebildeten Matrix aus extrazellulären polymeren Substanzen (EPS) eingebettet sind und ein heterogenes System darstellen.9-11 Innerhalb dieses physikalischen Gerüsts leben die Mikroorganismen, häufig Bakterien, in einer Gemeinschaft, welche sich von freilebenden Mikroorganismen unterscheidet, da sie durch Zusammenarbeit und Ressourcenerfassung ihr Überleben verbessern können.11 Ihr Vorkommen als Aggregat entsteht mittels Zell-zu-Zell-Kontakt entweder indem eine Schicht direkten Kontakt zu einem Substrat oder eine Oberfläche hat oder in Form von Flocken, mobile Biofilme ohne Kontakt zu einem Substrat. Biofilme stellen eine der am weitesten verbreiteten und erfolgreichsten Lebensweisen auf der Erde dar und treiben biogeochemische zyklische Prozesse der meisten Elemente in Wasser-, Boden-, Sediment- und Untergrundumgebungen voran.11-13 Zusätzlich können Mikroorganismen alle höheren Organismen - einschließlich Menschen - besiedeln und innerhalb dieser Biofilme zu bilden. Zahlreiche Infektionen bei Pflanzen, Tieren und Menschen und auch Kontami-nationen von medizinischen Produkten haben ihre Ursache in Biofilmen. Ebenso sind Biofilme verantwortlich für „Biofouling“, die Kontamination von Prozesswasser und die Beein-trächtigung der hygienischen Qualität von Trinkwasser.14-18 In Biofilmen können Mikroorganismen unter schlechten Umweltbedingungen überleben, dazu zählen pH-Extreme, ungünstige Salzkonzentrationen und andere - Belastungen durch Hydraulik, toxischen Metallionen, Bioziden/Antibiotika.10 Die Biomasse eines Biofilms besteht zum größten Teil nicht aus mikrobiellen Zellen, auch wenn diese eine hohe Zelldichte (108-1011 Zellen g-1 Feuchtgewicht) und eine hohe Artendiversität besitzen11, sondern aus hydratisierten EPS-Molekülen.19 Die EPS-Moleküle können die Umgebung und Lebensbedingungen der Zellen bestimmen. Sie füllen und formen den Zwischenraum der Zellen und verleihen dem Biofilm mechanische Stabilität.20 Zusätzlich können die EPS-Moleküle der Matrix innerhalb des Biofilms bestimmte Nährstoffe und andere Moleküle durch Sorption, Poren und Kanäle in sich einschließen. Dies kann die Biofilm-Fähigkeit weiter verbessern, indem durch hydrophobe EPS-Moleküle eine Haut gebildet werden kann.11 Diese Haut kann als Verdampfungsbarriere wirken und dadurch das Austrocknen verhindern.21
Die Matrix besteht bis zu 97 % aus Wasser und enthält lösliche, Gelbildende Polysaccharide, Proteine und eDNA, ebenso unlösliche Amyloide, Cellulose, Fimbriae, Pilli und Flagellae als strukturelle und funktionelle Komponenten enthält.19,22,23
Enstehung von Biofilmen Für die Entstehung von Biofilmen müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein: Es müssen Grenzflächen, ausreichend Wasser, Mikroorganismen und für sie verwertbare Nährstoffe vorhanden sein. Diese sind praktisch überall verfügbar, sowohl in der Natur als auch in technischen Systemen.10 Die Bildung der Matrix ist ein dynamischer Prozess, sehr energieaufwändig und hängt von mehreren Faktoren ab: Nährstoffverfügbarkeit, Synthese und Sek-retion von extrazellulärem Material und sozialen Interaktionen.24 Speziell die Matrix stellt eine Schnittstelle beziehungsweise einen Zwischenraum zwischen Biofilm und Umgebung dar, der nach den Vorgängen innerhalb des Biofilms und den Umgebungsinteraktionen definiert wird.11 Die Entwicklung eines Biofilms erfolgt in drei Phasen: die erste Phase wird als flüssige Phase bezeichnet, in der das Medium von Temperatur, Viskosität, gelösten Substanzen, pH-Gehalt, Oberflächenspannung und physikalischchemischen Kräften beeinflusst wird. Die zweite Phase ist die „feste Phase“. Hier hat das Substrat Einfluss mittels der chemischen Komposition, des hydrophoben Charakters, der Oberflächenspannung/-ladung und der biologischen Affinität, welche zeigt, wie besiedelbar, rau und porös das Substrat ist. Anschließend folgt die dritte, erst partikuläre, dann gelförmige Phase, in der sich die Mikroorganismen vermehren. Die letzte Phase ist abhängig von verfügbaren Mittel, darunter Arten bzw. -vielfalt, Anzahl der Zellen, Nährstoffverfügbarkeit, Hydrophobizität und Oberflächenladung der Zellen und EPS-Moleküle. Allerdings kann ein und derselbe Organismus sowohl hydrophobe als auch hydrophile Oberflächen besiedeln, da Mikroorganismen unterschiedliche zweckdienliche Mechanismen besitzen oder entwickeln.10
Zusammenfassend sind folgende Faktoren für die Entwicklung von Biofilmen wichtig:
Die Inkubationszeit (demnach der Beginn der Vermehrung), die Wachstumsrate (wie sieht die Wachstumskurve aus) und das Ausmaß, welches die Dicke und Wirkung des Biofilms festlegt.10
Kriterien für die Biofilmbildung - Maßnahmen, Methoden und Strategien zur Vorbeugung der Bildung oder Hemmung des Wachstums sowie zur Entfernung von Biofilmen Biofilme sind komplexe Sorptionssysteme mit unterschiedlichen Mechanismen und Bindungsstellen im Zytoplasma und den Zellwänden in den zugehörigen Zellen und den EPS der Biofilmmatrix. Die Bindungsstellen können ein breites Spektrum von Substanzen einfangen und akkumulieren, welche dann von den Zellen verbraucht werden können, auch wenn sie in geringer Konzentration vorliegen.25 Das gibt dem Biofilm die Möglichkeit auch in nährstoffärmeren Umgebung zu überleben.26 Jedoch können sich durch die Unspezifität der Bindungsstellen auch toxische Substanzen innerhalb des Biofilms ansammeln, darunter Eryth-romycin, Acetaminophen, saure Arzneimittel, steroidale Hormone.27-29 Zudem konnte auch eine Ansammlung von unpolaren Verbindungen wie Benzol, Toluol und Xylol in der EPS-Matrix ermittelt werden.30 Die genannten Substanzen können abgebaut und bei vorhandenen Konzentrationsgradienten in der Wasserphase freigesetzt werden; oder sie verbleiben im Biofilm, bis er sich zersetzt. Somit können die Biofilme einerseits als Schadstoffspeicher und anderseits als Verunreinigungsquelle fungieren.25 Des Weiteren besitzen Bakterien, die sich innerhalb der Biofilm-Matrix befinden, extrazelluläre Komponenten, mit denen sie Oberflächen wahrnehmen können und mit ihnen interagieren.31 Die Wechselwirkungen unterstützen die Bakterienzellen, weitreichende Abstoßungskräfte in Richtung der Oberfläche zu überwinden. Sie sind entscheidend für die bakterielle Adhäsion, diese die wird beeinflusst von Eigenschaften der Bakterienzelle und der Substratoberfläche (wie die Ladung, Hydrophobizität und Steifigkeit).32 Das unterstreicht die Wichtigkeit der Forschungen von unterschiedlichen Oberflächenmaterialien und -Strukturen auf Bildung und Anhaftung von Biofilmen. Eine Studie dazu zeigt eine Verringerung der Anhaftung von E. coli-Bakterien auf zinndotierten Indiumoxid-Oberflächen mit superhydrophober Polythiophen-Polymer Beschichtung.33 Superhydrophobe Beschichtungen, die vom „Lotusblatt“-Effekt inspiriert sind, besitzen extrem schwer benetzbare Oberflächen infolge starker Absenkung der Oberflächenenergie oder Bildung einer besonders rauen Oberflächen. Die superhydrophoben Beschichtungen können aus Siliziumdioxid-Nanopartikeln34,35, Kohlenstoff-Nanoröhren36 oder Polymeren bestehen.37,38 Chemisch modifizierte Polymerbeschichtungen können die Zelladsorption reduzieren oder auch die Membran der Mikroorganismen schädigen. Da die Mikroorganismen dagegen keinen Schutzmechanismus besitzen, können sie ihre Lebensfähigkeit verlieren.39 Diffusion und Stofftransport beeinflussen die Adsorption – Anlagerung – von kleineren Molekülen, Ionen und Proteine auf der Oberflächen. Dadurch kann sie zur Veränderung der Oberflächenchemie und -ladung führen. Die Schicht aus adsorbierten Molekülen kann die intrinsische Oberflächenladung abschirmen. Das fördert die Adsorption von Bakterien und ihr Wachstum bzw. Aggregation zu Biofilmen.40
Die Anhaftung von Bakterien und die Bildung von Biofilmen kann durch diese Strategien jedoch nicht verhindert werden.40 Allerdings können Reaktive Sauerstoffspezies (ROS), die durch UV-Licht oder sichtbarem Licht entstehen, Verschmutzungen abbauen und Oberflächen sauber halten. Häufig wird TiO2 als photoaktives Material für Beschichtungen von Glas, Textilien und Kathetern benutzt.41-43 Um die Adsorption von Bakterien an Oberflächen zu verbessern, kann eine Reduktion der elektrostatischen Abstoßung hervorgerufen werden, wodurch die Wechselwirkungen zwischen der negativen Oberflächenladung von Bakterien und anionischen Substraten stabilisiert wird – vorausgesetzt die Bakterien besitzen zweiwertige kationische Ionen (Mg2+, Ca2+).40
Ein Vergleich zahlreicher physikalischer und chemischer Variablen (darunter Zelloberflächenladung und Oberflächenenergie) weist darauf hin, dass die Topographie der Oberflächen den wichtigsten Parameter für die bakterielle Adhäsion darstellt. Eine nanoskalige Topographie kann den physikalischchemischen Materialcharakter und die Oberflächenenergie des Materials verändern.40,44 Generell gilt eine Kombination aus chemischen und topographischen Oberflächenmodifikationen als effizient, um die Anhaftung der Zellen an Oberflächen und die Bildung von Biofilmen erheblich zu reduzieren.45,46 Legionellen in Biofilmen können besser überleben und sich im Vergleich zu freilebenden Legionellen vermehren. Befinden sich Legionellen in einem schwimmenden Biofilm an der Wasseroberfläche, können sie über Aerosole freigesetzt werden und als freie Pathogene in die Atmosphäre gelangen. Die Aufnahme in den Körper über die Inhalation stellt ein erhebliches Gesundheitsrisiko dar.47 Legionellen haben allerdings sehr spezifische und anspruchsvolle Wachstumsanforderungen, um einen Biofilm ausbilden zu können. Daher sind sie vor allem als sekundäre Kolonisatoren in bereits gebildete Biofilmen zu finden.48 Biofilme kommen unter natürlichen Bedingungen meist als komplexe Multispezies-Gemeinschaften vor.49 Legionellen können in Rohren mit einer hohen Volumenersatzrate und Wassertemperaturen zwischen 30 und 37 °C überleben und sich bei erhöhten Biofilm-Konzentrationen auch vermehren. Ebenso können Biofilme und Legionellen-Wachstum in Leitungswasser nach Passage eines elektrischen Heizgeräts durch Rohre aus Edelstahl und Kupfer auftreten, das eine niedrige Konzentration an assimilierbarem organischem Kohlenstoff enthält. Die Biofilmbildung ist bei Kupfer- und Edelstahlrohren ähnlich, auch wenn die Legionellen-Konzentration des durchfließenden Wassers in den ersten 2 Jahren in Rohren aus Kupfer geringer ist.
Legionellen bilden nicht selbstständig Biofilme, dafür brauchen sie Protozoenwirte, damit sie wachstumsfähig sind. Innerhalb der Biofilm-Matrix sind sie durchaus überlebens- und wachstumsfähig. Daraus resultiert, dass die Vorbeugung von einer Legionellen-Vermehrung mit dauerhafter Entfernung von Biofilmen erreicht werden kann.1
Nachweisen lassen sich Legionellen über einer Technik mit Spezialnährboden nach AFNOR-Norm NFT 90-431. Dafür liegt die Nachweisgrenze je nach Labor bei 50 – 100 koloniebildenden Einheiten (KBE) pro Liter.50 Eine weitere Nachweismethode ist die Polymerase-Ketten-Reaktion (PCR), mit der die Legionellen-Konzentration innerhalb drei Stunden festgestellt werden kann und Maßnahmen relativ schnell ergriffen werden können. Als Hauptquellen für Epidemien, die auf Legionellen zurückgehen, gelten Kühltürme und Verteileranlagen für Brauchwarmwasser – bei beiden kommt es zur Freisetzung von Aerosolen. Bei Verteilern für Warmwasseranlagen ist das Legionellen-Risiko nur über regelmäßige Kontrollen möglich. Ebenso können Verbesserung durch Modifizierung der Rohrleitungssysteme erreicht werden, dies umfasst die Vermeidung von Stagnationszonen wie Ecken und Spalten, permanentes zirkuläres Durchspülen, damit die Biofilmbildung nicht stattfinden kann und Behandlungen zur Prävention mit Oxidierungsmitteln, die an das verwendete Material angepasst sind.50 Eine weitere Möglichkeit um Ablagerungen und Beläge zu vermeiden ist die Beschichtung von Wärmeübertragungsflächen. Beschichtungen können die Anhaftung von Mikroorgansimen verhindern, bieten zudem Verschleißschutz und verbessern die Korrosionsbeständigkeit. Bei Untersuchungen wurden galvanotechnische Dispersionsschichten und Beschichtungssysteme aus Fluorpolymeren eingesetzt. Durch diese konnten Verschmutzungen an den wärmeübertragenden Flächen signifikant verringert werden. Mit Hilfe der Fluorbeschichtung kam es zu einer Reduktion von produktseitger Belagsbildung – wodurch die Reinigungshäufigkeit gesenkt wird.51 Die Entfernung von Biofilmen innerhalb industrieller Systeme wird meist mittels chemischer Reinigung mit Bioziden durchgeführt. Die Reinigung mit Chlor ist dabei das häufigste Mittel.52 Einem Biofouling kann zu Beginn durch präventive Maßnahmen und Rohrwasser-Behandlungen vorgebeugt werden. Dabei werden Mikroorganismen abgetötet, aus dem Wasser gefiltert, dann der Nährstoffgehalt durch den Biofilter gesenkt und Stoffe, die adhäsionshemmend sind, werden dazugegeben.53
Ein weiterer Parameter, der über das Ausmaß der Biofilm-Bildung bestimmt ist die Temperatur. Die optimale Temperatur von Legionellen beträgt grob 20 bis 40 °C. Daher ist es naheliegend, dass die Vermehrung innerhalb der Wintermonate niedriger ist. Eine umfassende Reinigung von Warmwasseranlagen ist vor allem nach Ende des Sommers empfehlenswert.54 Generell gilt jedoch, dass sich die Bildung von Biofilmen kaum vermeiden lässt, weswegen der Fokus, auf Begrenzung des Wachstums unterhalb der Toleranzgrenze, liegen sollte. Innerhalb des Toleranzbereichs stellt der Biofilm keine nennenswerten Probleme dar. Eine Begrenzung des Kontaminations-Risikos mit Legionellen erfolgt durch Konzeption, Wartung und im Anschluss regelmäßigen Kontrollen der Wasserleitungsanlagen. Die Konzeption beinhaltet hauptsächlich die Charakterisierung der Anlage, während unter der Wartung unter anderem Reinigungsart und -häufigkeit, Desinfizierung und physikalischchemische/ mikrobiologische Nachkontrolle fallen. Die Behandlungsmaßnahmen zum Beispiel für Kühltürme sind kombinierte Wirkstoffe gegen Kesselstein und Korrosion mit Chlorierung, Bromieren oder organischen Bioziden.50
Im Allgemeinen ist es ratsam die Anforderungen an Trinkwasseranlagen der Trinkwasser-Verordnung (TrinkwV) zu befolgen, um der Entwicklung von Biofilmen und der Vermehrung von Legionellen vorzubeugen. Die Aufforderung zur Qualitätssicherung findet sich dabei in § 4 der TrinkwV. Hierbei handelt es sich um die Strukturqualität bei der „Planung, Bau und Betrieb von Wassergewinnungs- und Verteilungsanlagen“ und der Ergebnisqualität, hinsichtlich der gesetzlich geregelten Stichproben um das Trinkwasser analytisch zu prüfen.55 Die „allgemein anerkannten Regeln der Technik“ (a.a.R.d.T) spielen allerdings auch eine bedeutende Rolle bei den vorbeugenden Maßnahmen zur Bekämpfung der Biofilm-Bildung.56 Darunter befinden sich die Regelwerke DIN 198857, VDI 602358 und des DVGW-Arbeitsblatts W 55159 zur Vermeidung eines hohen Stellenwerts der Legionellen-Konzentration ( 100 KBE/ 100 ml) und stellen auf Basis des Fachkonsens eine Evidenzgrundlage dar.60 Viele Sanierungsmaßnahmen sind angesichts der mangelhaften Kenntnisse zur effektiven Beseitigung von Biofilmen und Legionellen problematisch. Die Planung und Durchführung der Maßnahmen zur Desinfektion und Sanierung werden häufig trotz unzulänglicher Informationen und ohne ausreichende Fachkompetenz ausgeführt. Dabei könnten nachhaltigere Erfolge durch eine zielführende bautechnische Sanierung bei der Prophylaxe von Legionellen erreicht werden, die auf lange Sicht geringere finanzielle Mittel erfordern würde.60
Besteht in einem Trinkwasserinstallationssystems eine Gefährdung hat der Inhaber laut §3 TrinkwV 2001 die Pflicht, Maßnahmen zu ergreifen, um die Gefährdung im Sinne des Grundsatzes abzustellen. Die technischen Reglungen zeigen jedoch einige Widersprüche zu bestimmten Verwaltungsvorschriften, da beispielsweise eine angeordnete Mindestanzahl an Duschen in Sportanlagen oder Kindergärten gibt, obwohl diese kaum in Benutzung sind. Damit stellen sie aufgrund der langen Stagnationsphasen des Wassers einen Nährboden für die BiofilmBildung und damit für Legionellen und andere Pathogene dar. Aufgrund dessen sollten angeordnete Planungen und Entscheidungen flexibler und situationsgerechter angepasst werden. In Bezug auf genauere Gefährdungsanalysen stellen sich Vorsorgeaufwendungen als wirtschaftlich sinnvolle Investitionen heraus. Das Gesundheitsamt hat die Pflicht eine fachliche Beratung bei Bedarf des Betreibers einer Trinkwasserinstallation zu leisten.60 Zudem spielt die Überwachungshäufigkeit eine wichtige Rolle, da erhöhte Legionellen-Konzentrationen sonst unentdeckt bleiben und ein erhöhtes Infektionsrisiko bergen können. Die Trinkwasser-Verordnung empfiehlt die Kontrolle in medizinisch relevanten Einrichtungen jährlich und in öffentlichen Einrichtungen, wie Kindergärten und Schulen, mindestens alle 3 Jahre durchführen zu lassen. Um das Wachstum von Legionellen zu begrenzen, müssen in Warmwasseranlagen einerseits bauliche Maßnahmen ergriffen werden, um das Potential der Biofilmbildung zu verringern, anderseits direkte Maßnahmen zur Hemmung einer schnellen Biomassenentwicklung.7 Die Betreiber von Trinkwasserinstallationen haben die Pflicht und die Verantwortung, Maßnahmen zur Prävention von Legionellen einzuleiten und das Gesundheitsrisiko durch Einhalten der Gesetze und Empfehlungen zu minimieren. Im Falle von Krankheits- oder Todesfällen müssen sie belegen können, dass sie die Sorgfaltspflicht gemäß TrinkwV erfüllt haben.60
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